Elf Preisträger*innen – ein Preis:
der Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares 2019
Festliche Stimmung: Die Hamburger Theaterwelt war am gestrigen Abend im Ohnsorg-Theater versammelt, denn es galt den wichtigsten Theaterpreis Hamburgs zu verleihen. Seit 2006 gibt es den Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares. Jährlich setzt er ein starkes Zeichen für die einmalige Diversität, Vitalität und Qualität der Hamburger Theaterlandschaft.
Neun einzelne Preise wurden verliehen – an elf Theaterschaffende, die in ihrer Verschieden-artigkeit die Bandbreite der Hamburger Theaterlandschaft wunderbar abbilden:
Das Thalia Theater konnte gleich doppelt punkten: In der Kategorie Bühnenbild wurde Eva-Maria Bauer ausgezeichnet. Ihre gewaltige Installation zu Sebastian Nüblings Uraufführung von Simon Stephens Gegenwartsstück Maria wurde gleichermaßen für ihre Kargheit und Komplexität gewürdigt – ein kluges, multiperspektives und eigenständiges Bühnenbild, urteilt die Jury.
Zudem konnte sich die Schauspielerin Cathérine Seifert aus dem Thalia-Ensemble über eine Auszeichnung in der Kategorie herausragende*r Darsteller*in freuen. Ihre atemberaubende Verkörperung der Rolle der Barbara in Tracy Letts’ Eine Familie - vor allem die Entwicklung der Figur, ihre Präsenz, ihr Körpereinsatz und ihre Dynamik machen sie preiswürdig.
Auch das Ernst Deutsch Theater konnte sich gleich zwei Mal freuen: In der Kategorie herausragende*r Darsteller*in wurde die Schauspielerin Anika Mauer für ihre Rolle der Sophie im gleichnamigen Schauspiel ausgezeichnet. In der Jurybegründung heißt es: „Das [Leben der Sophie] verkörpert die in Bernau geborene Schauspielerin mit so einer Wucht, Kraft und Emotionalität, die das Publikum Abend für Abend von den Sitzen reißen. Egal ob mit sechs oder mit 87 Jahren – diese brillante Schauspielerin macht die vermeintlich alltäglichen Ereignisse des Lebens zu einem fulminant-dramatischen Theaterereignis“.
In der Kategorie herausragende Inszenierung wurde der Choreograph Kevin Haigen für seinen Abend Bundesjugendballett trifft Shakespeare ausgezeichnet. „Gemeinsam mit dem Bundesjugendballett sprengt er die Vorstellung hehrer Tanzkunst, füllt die Form mit atemberaubender Nähe, mit Sinn und Sinnlichkeit“ – so die Jury.
In der Kategorie herausragende Inszenierung wurde ein weiterer Preis vergeben: Für seine Inszenierung von Verdis Nabucco an der Staatsoper Hamburg bekam Kirill Serebrennikov die Auszeichnung. In der Jurybegründung heißt es dazu: „Er bringt diejenigen auf die Bühne, die man sonst nicht sieht, er verschafft denen Gehör, denen sonst kaum einer lauscht: Kirill Serebrennikov. Der Evergreen um einen größenwahnsinnigen Herrscher ist bei ihm brennend aktuelles, quicklebendiges Theater, das die Macht des Kraftwerks der Gefühle beweist und zeigt, dass die Kunst sich nicht totschweigen lässt.“
Auch das Gastgeber-Theater des Abends, das Ohnsorg-Theater, konnte sich über eine Auszeichnung freuen. In der Kategorie herausragende*r Darsteller*in bedachte die Jury den Schauspieler Till Huster mit dem Theaterpreis. Die Jury attestiert dem langjährigen Ensemblemitglied des Ohnsorg-Theaters für seine Darstellung des knorrigen alten Tauchers Paul Hinrichs in De Mann in’n Strom große Schauspielkunst.
Ein Gesamtkunstwerk aus gelungener Regie, hervorragendem Schauspiel, Kostüm, Bühne, Licht, Projektion und Musik, beschreibt die Jury die Produktion Das Hirn ist ein Taubenschlag im monsun.theater. Besonders preiswürdig befand die Jury aber die Musik – live gespielt von Clara Jochum und Hannes Wittmer – die Töne und Klänge kommentieren und strukturieren das Bühnengeschehen und machen die wirren Hirnströme des Protagonisten eindrucksvoll und sehr berührend hörbar.
In der Kategorie herausragende Dramaturgie wurde Rita Thiele vom Deutschen SchauSpielHaus ausgezeichnet. Gemeinsam mit der Regisseurin Karin Henkel hat sie eine Bühnenfassung aus drei Texten von Thomas Bernhard erstellt, die Werke durch ihre Bearbeitung revitalisiert und dabei ihre groteske Aktualität freigelegt.
Der Sonderpreis für außergewöhnliche Leistungen im Rahmen des Hamburger Theaterlebens und damit die neunte Auszeichnung des Abends ging ans Polittbüro: Lisa Politt und Gunter Schmidt. 1984 gründeten beide die freie Theatergruppe „Herrchens Frauchen“ - ein politisches Kabarett. Schon sehr bald erspielten sie sich einen Ruf weit über Hamburg hinaus. 2003 gründeten sie im Neuen Cinema am Steindamm das „Polittbüro“. Ein Ort für inhaltlich stringentes, konsequentes, meist politisch ausgerichtetes Programm mit Lesungen, Theater, Konzerten, Kabarett.
Durch den Abend führte Michael Frowin. Musikalisch sorgte Albers Ahoi für den richtigen Groove. Ein gelungener Abend, der einmal mehr gezeigt hat, welche Energie, welches Können und welche Spiellust in der Hamburger Theaterlandschaft steckten.