Digitale Theaternacht Hamburg

 

Unterzeile: Die Liveshow präsentiert im Stream die ganze Vielfalt der Theater, die auch in der besonderen Spielzeit 20/21 auf den Hamburger Bühnen geboten wird.

 

Von Heinrich Oehmsen

 

Der Kultursenator gab sich verhalten optimistisch. „Wir brauchen Zuversicht und Leichtigkeit“ sagte Carsten Brosda bei der Digitalen Theaternacht. Er ermunterte alle Hamburger*innen, wieder ins Theater zu gehen: „Ich appeliere an Sie, sagen Sie es weiter und gehen Sie raus. Die Theaterleute wissen, wie man sicher veranstaltet.“ Sätze, die von den Theatermacher*innen Michael Lang (Ohnsorg), Isabella Vértes-Schüter (Ernst Deutsch Theater), Matthias Schulze-Kraft (LICHTHOF Theater), Amelie Deuflhard und Norbert Aust, die bei der Live-Veranstaltung im Schmidt dabei waren gerne gehört wurden.

Digitale Theaternacht Hamburg 2020 | Die Show © Niklas Marc Heinecke

Normalerweise wären bei der Theaternacht tausende von Theaterfans per HVV-Bus durch die ganze Stadt geschaukelt, um sich von den etwa 40 Bühnen, die zur Hamburger Theatergemeinde gehören, auf die neue Saison einstimmen zu lassen. Doch in Pandemie-Zeiten ist alles anders. Deshalb gab es nur ein Streaming-Angebot auf der Website www.theaternacht-hamburg.org und eine Live-Show aus dem Schmidt Theater am Spielbudenplatz, das zum ersten Mal seit März seine Pforten für diese Veranstaltung öffnete, bevor es dort Mitte Oktober wieder eine neue Premiere gibt. Maike Schiller, Kulturchefin beim Hamburger Abendblatt, und Yared Dibaba, bekannt aus vielen TV-Formaten des NDR, führten kenntnisreich, witzig und charmant durch den abwechslungsreichen Abend. Schillers Gespräch mit Kultursenator Carsten Brosda war nur eines von etlichen Interviews, das auf den roten Bühnensesseln geführt wurde und bei denen man merkte, wie sehr der Kultursenator und alle Intendant*innen den Beginn der neuen Spielzeit trotz der vielen Corona-bedingten Auflagen herbeigesehnt haben.

„Die Kultur ist dran“, sagte zum Beispiel Ohnsorg-Intendant Michael Lang und meinte damit die Rückkehr der Ensembles auf die Bühne. „Online-Angebote können nur eine Ergänzung sein“, pflichtete ihm Lichthof-Chef Matthias Schulze-Krafft bei. Als Vertreter der freien Szene wies er aber auch darauf hin, wie schwer es zur Zeit gerade die vielen sogenannten Soloselbstständigen haben, die nach dem Lockdown im März keine Auftrittsmöglichkeiten mehr hatten und nur durch die Rettungspakete, die Dr. Carsten Brosda und die Kulturbehörde schnürten, überhaupt einigermaßen über die Runden gekommen waren.

Digitale Theaternacht Hamburg 2020 
© Niklas Marc Heinecke 

 

Doch es wurde bei dieser Theaternacht nicht nur geredet, sondern auch gesungen und gespielt. Das, was die beteiligten Künstler*innen vor dem Publikum zeigten, machte große Lust auf die von vielen so schmerzlich vermissten Theater- und Konzertbesuche. Bevor Anneke Schwabe als stimmgewaltige "Sally“ wieder Cabaret singen kann, vergehen jedoch noch ein paar Monate. Eigentlich sollte das Musical im Hansa-Theater schon im September wiederaufgenommen werden, die nächsten Vorstellungen wird es erst im März 2021 geben. Das Opernloft mit Spuk an Feuerbord feiert dagegen schon am 19. September Premiere. Rebecca Frese und Lucas Anton gaben einen Vorgeschmack auf die musikalische Reise zwischen Oper und Seemannsklassikern. Auch das Impro-Theater „Die Zuckerschweine“ ist ab sofort wieder im Sprechwerk am Start. Stefan E. Suhr und Anna Maria Böbel bekamen viel Applaus für ihren Sketch, bei dem eine Bügel-Session so richtig aus dem Ruder läuft. Gefeiert wurden auch Bodil Strutz und Axel Pätz für zwei mit Verve vorgetragene Nummern aus ihrem Musikkabarett Genuss, das auf dem Theaterschiff läuft. Noch in einer frühen Probenphase befindet sich das Ensemble von Schmidt Ritz, das am 15. Oktober Premiere im Schmidt-Theater feiert. Zwei schrille Tanz- und Gesangsnummern wurden als Kostprobe schon gezeigt. Ein weiterer Höhepunkt der Show war Stefan Gwildis’ Auftritt mit zwei Musikern aus seiner Band. Spielend schaffte er es, das Publikum im Saal bei seinem neuen Song Sommer in der City zum Mitsingen zu animieren. Gwildis strahlte diese Leichtigkeit aus, die Carsten Brosda sich später wünschte.

Die fast zweieinhalbstündige Show wurde über diverse Kanäle ins Internet übertragen. Wer sie verpasst hat, kann sich noch bis zum 19. September kostenlos auf www.theaternacht-hamburg.org einen Mitschnitt anschauen. Zuschauer*innen haben überdies die Möglichkeit, für den Rolf-Mares-Preis zu spenden. Jedes Jahr zeichnet eine Jury die besten Inszenierungen, Bühnenbilder und Schauspieler*innen der abgelaufenen Saison aus. Jeder Preisträger bekommt 1000 Euro, außerdem wird über jede*n Gewinner*in ein Film gedreht. Insgesamt werden 17.800 Euro benötigt. „Wir werden den Mares-Preis unbedingt auch in diesem besonderen Jahr vergeben, um unsere Künstler auszuzeichnen“, hatte Isabella Vértes-Schütter schon während der Show angekündigt. Mehr als 14.000 Theater-Fans haben sich am vergangenen Sonnabend in das Liveprogramm geklickt, sind bisher nur zehn Prozent des benötigten Spendengeldes zusammengekommen. Die Theater hoffen nun auf die Solidarität ihrer Zuschauer*innen, um überragende Leistungen der Künstler*innen mit einem kleinen Preisgeld würdigen zu können.

 

Spenden sind möglich unter: https://www.gut-fuer-hamburg.de/projects/83666